Mönchengladbach. Der Benedik-Juniorpreis wird für wertorientiertes Handeln vergeben. Fünf Studentinnen der Hochschule Niederrhein entwickelten einen Wintermantel, der zum Schlafsack umfunktioniert werden kann. Warum sie die Auszeichnung erhalten haben, und was das für sie bedeutet.
Preisverleihung in Mönchengladbach Schlafsack und Mantel in einem – ausgezeichnet
01.04.2023 | Rheinische Post
Am Mittwochabend wurde in einer Feierstunde in den Räumen der Gladbacher Bank der Junior-Benediktpreis vergeben. Die Gewinnerinnen für 2023 sind fünf Studierende der Hochschule Niederrhein: Sarah Sairung Klein, Tamiya Lorenz, Greta Lutterbüse, Klara Schuh und Julia Segschneider wurden als Team für ihr besonderes Engagement bei der Entwicklung einer Schlafsack-Wintermantel-Kombination für Wohnungslose ausgezeichnet.
Die fünf jungen Frauen sind Studierende des Fachbereichs Textil- und Bekleidungstechnik an der Hochschule Niederrhein. Turnusmäßig steht im 5. Semester ein Projekt auf dem Studienplan, bei dem die Studierenden den Auftrag eines externen oder internen Auftraggebers realisieren müssen. Per Los wurde die Gruppe der fünf zusammengestellt, Sarah Sairung Klein bekam die Leitung, ihr gemeinsamer Auftrag lautete: „Die Entwicklung eines Wintermantels, der zu einem Schlafsack umfunktioniert werden kann“, zitiert Klara Schuh die Projektbeschreibung. Die Idee dazu wurde durch Stefan Rauschen, Präsident des Rotary Club Gero, angeschoben.
Zwölf Wochen hatten die Studierenden für ihr Projekt Zeit. In dieser drei Monaten entwickelte sich einiges, nicht nur die Schlafsack-Wintermantel-Kombination. „Anfangs stand bei uns im Vordergrund, eine gute Note zu bekommen“, berichtet Schuh. „Am Ende ging es uns vor allem darum, das Beste für die Menschen zu machen.“ Die Diakonie Mönchengladbach stellte den Kontakt zwischen den jungen Frauen und Herrn H. her, einem wohnungslosen Mann. Er fand die Idee toll, erinnern sich die Studierenden und gab bereitwillig Auskunft über die Bedürfnisse wohnungsloser Menschen. Herr H. wünschte sich Schutz gegen Kälte und Nässe sowie zahlreiche Taschen direkt am Körper, Netztaschen und die Möglichkeit, einen Rucksack festzuzurren.
Der Wohnungslose habe ihnen den Blick auf eine für sie neue und auch etwas beängstigende Welt geöffnet. Vor allem aber motivierten die Gespräche mit Herrn H. die fünf Studierenden auf intensive Weise. Sie zeichneten, suchten und testeten Materialien, denn eine weitere Bedingung an das Kleidungsstück war der Schutz vor Feuer. Nach zahlreichen daheim an der Nähmaschine genähten Prototypen aus Baumwolle entstand der Prototyp aus einem Materialmix. Die Studierenden nennen ihr Produkt kurz „Wafe“, eine Wortfindung aus „warm“ und „safe“.
Während der Preisverleihung führten Schuh, Lutterbüse und Segschneider den „Wafe“ mithilfe ihres Models Robert Groten vor. Er ist Professor im Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik an der Hochschule Niederrhein. Der Prototyp besteht aus einer doppelten Jacke mit sieben Reißverschluss-, drei Eingriffs und drei Netztaschen. Am Rücken befindet sich ein Leuchtstreifen, der, wenn der Träger unbehelligt bleiben möchte, hochgeklappt werden kann. Die Hose ist eine Latzhose, auffaltbar und so als Schlafsack nutzbar.
Ulrich Harnacke, Vorsitzender des Vorstands Benediktpreis von Mönchengladbach, betonte in seiner Laudatio, die Studierenden hätten sich „überproportional stark engagiert und persönlich sehr stark eingebracht“. Sie hätten nicht nur ein Produkt herstellen wollen, um eine Studienleistung abzuliefern. „Vielmehr wollten sie deutlich mehr, nämlich ein Produkt, was die widrigen Lebensbedingungen der Wohnungslosen verbessert.“ Damit werde das durch den Benediktpreis zu honorierende wertorientierte Handeln sichtbar. Oberbürgermeister Felix Heinrichs überbrachte die Glückwünsche der Stadt. Der „Wafe“ sei ein tolles Beispiel dafür, wie es gelingen könne, verschiedene Aspekte zu verbinden: Innovation, sozialer Zusammenhang und eine Produktentwicklung.
Der Benediktpreis wird mit kurzer Unterbrechung seit 1968 an Persönlichkeiten vergeben, die sich durch wertorientiertes Handeln auszeichnen. Der Juniorpreis ehrt Menschen im Alter zwischen 17 und 30 Jahren.
Der Prototyp der Schlafsack-Wintermantel-Kombination der Studierenden fand so großen Anklang, dass Hans-Peter Ulepic, Vorstandschef der Gladbacher Bank, spontan 3000 Euro für die Weiterentwicklung des Projektes spendete.
(Von Sigrid Blomen-Radermacher)