Mönchengladbach · Weil das Institut hohe Abschreibungen auf Wertpapiere ausgleichen musste, blieb weniger als gewohnt übrig für die Ausschüttung an die Aktionäre. Wie die bei der Hauptversammlung reagieren, wo das Problem liegt – und wie es weitergeht.
Gladbacher Bank kürzt die Dividende
16.06.2023 | Rheinische Post
Die Gladbacher Bank hat wie so viele andere Kreditinstitute ein schwieriges Geschäftsjahr 2022 hinter sich. Dennoch schüttet die Bank an die Aktionäre eine Dividende in Höhe von zehn Euro je Aktie aus. Diesem Vorschlag von Aufsichtsrat und Vorstand stimmte die Aktionärsversammlung am Mittwoch im Borussia-Park mit großer Mehrheit zu. 99,9 Prozent der gültigen Stimmen votierten für den Vorschlag zur Verwendung des Bilanzgewinns, der diese Ausschüttung an die Anteilseigner vorsieht – die allerdings um fünf Euro je Aktie geringer ausfällt als im Vorjahr. Und das hat seine Gründe, wie Vorstandssprecher Hans Peter Ulepic den Aktionären aufzeigte.
„Die vertrieblichen Ziele haben wir nicht erreicht“, sagte Ulepic. Das Betriebsergebnis liegt zwar bei 5,3 Millionen Euro, was auch deutlich unter Plan ist. Aber das reichte „bei weitem nicht, die Wertberichtigungen, die aus Kursrückgängen unserer eigenen festverzinslichen Wertpapiere entstanden sind, abzudecken“, so Ulepic. Die Kursrückgänge waren entstanden durch die starken Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank infolge des Ukraine-Krieges. Die Gladbacher Bank hat sich dazu entschlossen, entsprechende Abschreibungen vorzunehmen. Die summierten sich auf 16,4 Millionen Euro. Um die zu decken, wurden stille Reserven aus der Beteiligung bei der DZ Bank in Höhe von 12,6 Millionen Euro gehoben, dazu wurden Vorsorgereserven über 2,8 Millionen Euro aufgelöst, und eine Million Euro kam aus dem Jahresergebnis – und das fehlt der Bank, um den Aktionären die gewohnte Dividende ausschütten zu können.
Info
Wichtige Personalien bei der Gladbacher Bank
Wahlen Die Aktionäre wählten mit 95,3 Prozent Ja-Stimmen Ludwig Quacken erneut in den Aufsichtsrat. Karl-Heinz Moll wurde mit 96,0 Prozent Ja-Stimmen wiedergewählt.
Berufung Der bisherige Generalbevollmächtigte Andreas Jung wurde zum stellvertretenden Vorstandsmitglied berufen. Er soll in den Vorstand aufrücken, wenn Hans Peter Ulepic in den Ruhestand geht.
Die Gladbacher Bank habe sich anders als andere Institute zu dieser strengen Bewertung entschieden, wie Ulepic den Aktionären ausführte. „Aber wir können mit hoher Sicherheit davon ausgehen, dass die vorgenommenen unter-pari-Abschreibungen sukzessive zurücklaufen.“ Bereits für dieses Jahr werde ein Rückfluss von vier Millionen Euro erwartet. Ulepic wies die Aktionäre zudem darauf hin, dass 500.000 Euro aus dem Ergebnis in die Rücklagen fließen, was wieder den Bilanzwert je Aktie um fünf Euro auf 575 Euro steigen ließ.
Ein Aktionär bemerkte, dass es für 2019 zunächst keine Dividende gegeben habe, die dann für 2020 zur Hälfte nachgezahlt worden sei. Für 2021 gab es dann neben der Ausschüttung von 15 Euro weitere 2,50 Jubiläumsbonus, die Bank wurde schließlich 100 Jahre alt. Nun aber nur zehn statt 15 Euro für 2022 – „da fehlen von 2019 bis heute 1,25 Millionen Euro“. Ulepic entgegnete: „Unsere Bank ist nachhaltig unterwegs. Ich glaube schon, dass wir ordentlich ausschütten, wenn wir zehn Euro Dividende auszahlen in einem Jahr, in dem wir eigentlich Verlust machen, der über Abschreibungen auf gute, festverzinsliche Wertpapiere entstanden ist.“ Die Bank könne nicht alles ausschütten, sondern müsse auch die Rücklagen stärken, „damit wir wirtschaften und Kredite vergeben können“.
Das Kreditgeschäft entwickelte sich um 9,2 Prozent besser als geplant und stieg auf 524 Millionen Euro. Für dieses Jahr bemerkt die Bank aber wenig überraschend einen weiteren drastischen Rückgang bei den Baufinanzierungen – auch eine Folge des Zinsanstieges, der aber wiederum den Zinsüberschuss steigen lässt. Unterm Strich sank die Bilanzsumme der Bank leicht um 0,2 Prozent auf gut 851 Millionen Euro. „2022 war ein Geschäftsjahr, das wie keines zuvor von extremen Unsicherheiten geprägt war“, sagte Ludwig Quacken, der Aufsichtsratsvorsitzender der Bank, den Anteilseignern. Quacken sprach damit nicht nur die Corona-Pandemie, sondern auch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine an, „der unfassbares Leid verursacht“.
Die Bank hatte dazu als Gastredner den Politikwissenschaftler Carlo Masala eingeladen, Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr München. Er zeichnete den Gästen im Anschluss an den formalen Teil der Hauptversammlung kein optimistisches Bild der Weltlage und der Rolle Deutschlands darin. Es gebe einen neuen Kalten Krieg mit Russland, so lange dort Menschen an der Macht seien, die diese „neo-imperialistische Agenda verfolgen“. Und gleichzeitig „leben wir in einem Europa, das sicherheitspolitisch dem der 1960er-Jahre gleicht“. Die Sicherheit vor Russland sei aber die kleinere Aufgabe im Vergleich dazu, die Abhängigkeit von China und der chinesischen Volkswirtschaft einzudämmen: „Wenn die Chinesen Taiwan angreifen, dann schalten sie unserer Volkswirtschaft schneller das Licht aus, als wir gucken können. Wir müssen uns deshalb unabhängig machen vom chinesischen Markt.“
(von Andreas Gruhn)
