Geister-Heimspiel für Gladbacher Bank

14.06.2020 | Rheinische Post

Mönchengladbach Mit großem technischen Aufwand hat das Kreditinstitut erstmals seine Aktionärsversammlung virtuell abgehalten. Vorstand und Aufsichtsrat der Gladbacher Bank müssen wegen der Pandemie auf Applaus für ein gutes Geschäftsjahr 2019 verzichten

Um 15.59 Uhr wird es plötzlich mucksmäuschenstill im VIP-Club Bökelberg. Alle Anwesenden im Veranstaltungsraum des Borussia-Parks warten nur noch auf den Countdown. Dann heißt es „Live in fünf, vier, drei, zwei, eins“ – und der Aufsichtsratsvorsitzende Ludwig Quacken startet mit seiner Begrüßung: Die erste virtuelle Aktionärsversammlung in der Geschichte der Gladbacher Bank hat begonnen.

Aufgrund der Corona-Pandemie ist diesmal alles ganz anders, normalerweise hätte die Gladbacher Bank wohl wieder mehrere Hundert ihrer 2000 Aktionäre im Businessbereich des Borussia-Park zur Hauptversammlung mit anschließendem Spargelessen begrüßen können. Nun sind der Vorstand Hans-Peter Ulepic und Sven Witteck sowie der Aufsichtsratsvorsitzende Quacken und sein Stellvertreter Karl-Heinz Moll in die erste Etage umgezogen – zum Geister-Heimspiel ohne Gäste.

Leer ist deswegen der VIP-Raum aber nicht: So sind ein Notar und zwei Stimmrechtsvertreter vor Ort, zudem kümmern sich drei IT-Experten um die Erfassung und Aufbereitung der Stimmabgaben der Aktionäre, die sich die Versammlung live im Internet anschauen können. Dafür sorgen gleich drei Kameras. „Das ist schon eine skurrile Szenerie“, sagt Ulepic kurz vor dem Beginn der Versammlung. Wenig später trägt er seinen Bericht am Rednerpult vor – nur hat er keine Aktionäre vor sich, sondern eine Kamera, einen Scheinwerfer und ein Mischpult für die Tontechnik.

So kann es auch keinen Applaus geben, als Ulepic das Ergebnis des Jahres 2019 zusammenfasst und dabei auf sehr erfreuliche Zahlen verweisen kann – trotz des für Banken ungünstigen finanzwirtschaftlichen Umfelds mit Niedrig- und Negativzinsen. „Wir haben unsere Ziele deutlich übertroffen und eine signifikante Ergebnisverbesserung erzielt“, sagt Ulepic. Eine Dividende werde aber nicht ausgezahlt, „wir rechnen damit, dass die Bankenaufsicht für Gewinnausschüttungen den europäischen Kreditinstituten in diesem Jahr noch kein grünes Licht gibt“. Ulepic geht auch auf das laufende, von der Pandemie beeinflusste Geschäftsjahr ein: „Wir erwarten, dass wir unser geplantes Betriebsergebnis von 6,8 Millionen Euro nicht erreichen können, halten aber ein Ergebnis zwischen fünf und sechs Millionen für möglich.“

In der Folge beantwortet Ulepic insgesamt sechs Fragen, die Aktionäre vor der Veranstaltung zugesendet und die überwiegend informativen Charakter haben. Bei den anschließenden Wahlen entsteht im VIP-Raum ein wenig Leerlauf – die Aktionäre können noch wenige Minuten ihre Stimmen abgeben. Diese sind dann aber auch schnell ausgewertet. Nach knapp 90 Minuten ist das Geister-Heimspiel der Gladbacher Bank auch schon wieder beendet. Für Ulepic soll es möglichst das einzige bleiben. „Unsere Versammlungen leben von der Atmosphäre, dem Zusammentreffen und der Gespräche. So ist das kein Vergnügen.“

Info

Ergebnis: Der Überschuss vor Steuern liegt für das Jahr 2019 bei 9.8 Milionen Euro, die Kernkapitalquote bei 18,3 Prozent. Das betreute Kundenvolumen beträgt 3,4 Milliarden Euro.

Wahlen: Ludwig Quacken und Karl-Heinz Moll wurden erneut in den Aufsichtsrat gewählt.

Aufsichtsrat und Vorstand der Gladbacher Bank | Foto: Jana Bauch